Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

27. März 2023

Teilnahme Aktion «16 Tage gegen Gewalt an Frauen»

Anfrage von Nina Nussbaumer und Angelika Zarotti

Der Stadtrat wird eingeladen zu prüfen, wie die Stadt Uster an der Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ mitwirken kann.
 
Begründung:
 Jedes zweite Tötungsdelikt in der Schweiz geschieht im häuslichen Umfeld. Opfer dieser Tötungsdelikte sind fast ausschliesslich Frauen. Solche Femizide sind die massivste Form von häuslicher Gewalt und gleichzeitig «nur» die Spitze des Eisbergs. Denn der grösste Teil (circa 70%) der Delikte im häuslichen Kontext, wie beispielsweise Stalking oder Tätlichkeiten – die übrigens 40% aller Gewaltstraftaten ausmachen –, werden an Frauen verübt. Weitere geschlechterspezifische Aspekte zeigen sich in den Polizeistatistiken auch bei sexualisierter Gewalt: Frauen sind die am stärksten betroffene Gruppe von Missbrauchsdelikten. Nur die Spitze des Eisbergs auch deshalb, da die Dunkelziffer bei häuslicher und sexualisierter Gewalt als sehr hoch eingeschätzt wird. Aufgrund von Opferhilfestatistiken kann davon ausgegangen werden, dass sich nur 10 bis 20 % der Opfer überhaupt an die Polizei wenden. (Broschüre «Zahlen zu häuslicher Gewalt in der Schweiz», EDI, Büro für Gleichstellung, Oktober 2022)

Gewalt gegen Frauen wird von der UNO als strukturelles und gesamtgesellschaftliches Problem anerkannt. Das Ausmass und die Form der Gewalt gegen Frauen sind abhängig von Gesellschaftsnormen und den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Machtstrukturen, die in einer Gesellschaft vorherrschen.

Gewalt an Frauen ist daraus schliessend ein Problem, das besondere Aufmerksamkeit und spezifische Massnahmen zur Bekämpfung benötigt. Dies hat die Schweiz mit der Unterzeichnung der IstanbulKonvention getan und sich verpflichtet, gegen alle Formen von Gewalt an Frauen vorzugehen. Neben Angeboten wie der Opferhilfe oder das Bereitstellen von Schutzhäusern ist Prävention in Form von Information und Sensibilisierung ein wichtiger Teil zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen.

Die Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen», die weltweit in 187 Ländern stattfindet, wird seit 2008 durch die Friedensorganisation cfd koordiniert und trägt dank der grossen Präsenz in der Öffentlichkeit zu einer breiten Sensibilisierung bei. Mit Hilde der Kampagne wird gesamtgesellschaftlich über das Thema Gewalt gesprochen und darüber informiert. Ein weiteres, wichtiges Ziel besteht darin, Beratungs und Anlaufstellen bekannter zu machen. Jeweils vom 25. November bis zum 10. Dezember führen über 100 Städte, Schulen Organisationen und Verbände unterschiedliche Aktionen durch.

Die Stadt Uster kann durch das Mitwirken bei der Kampagne ein klares Zeichen gegen Gewalt setzen. Es besteht die Möglichkeit, sich mit lokalen oder regionalen Organisationen zusammenschliessen, verschiedene Aktionen zu initiieren und durchzuführen. Ebenfalls denkbar ist es, Aktionen von interessierten Organisationen mit einem Projektbeitrag zu unterstützen.

 

Bericht und Antrag des Stadtrates:

A. Ausgangslage

Die Präventionskampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» findet seit 2008 statt. Sie wird von der feministischen Friedensorganisation Frieda (ehemals cfd) organisiert. In diesem Jahr findet die Kampagne vom 25. November bis 10. Dezember 2023 statt. Das diesjährige Fokusthema ist psychische Gewalt. An der Präventionskampagne beteiligen sich jährlich rund 200 staatliche und nichtstaatliche Organisationen. So zum Beispiel Kirchgemeinden, Fachstellen und Frauenvereine oder auch die Städte Bern, Zürich und St. Gallen. Die Beteiligten organisieren und finanzieren ihre Veranstaltungen eigenständig und entrichten der Koordinationsstelle einen Beitrag. Weitere Infor­mationen sind auf der Webseite «www.16tage.ch» publiziert.

In den erwähnten Städten werden die Aktivitäten von den Fachstellen für häusliche Gewalt oder der Fachstelle für Gleichstellung organisiert. In Uster fehlen solche Strukturen. Denkbar ist jedoch eine Zusammenarbeit mit dem Frauenhaus Zürcher Oberland oder anderen Stellen. Mögliche Massnahmen könnten sein: Podiumsdiskussionen, Lesungen, Aktionen im öffentlichen Raum, Workshops in Schulen, Schwerpunktthema im Jugendtreff, Weiterbildung und Sensibilisierung des Personals der Stadt Uster oder eine eigene Kommunikationskampagne.

Die Abteilung Soziales steht im Kontakt mit dem Frauenhaus Zürich Oberland und engagiert sich zum Thema «Gewalt an Frauen». Sie unterstützt die Beratungsstelle des Frauenhauses finanziell mit einem jährlichen Beitrag von 10 000 Franken. Zudem besteht eine fallbezogene Zusammenarbeit mit dem Frauenhaus bei von Gewalt betroffenen Frauen, welche die Unterstützung der Abteilung Soziales benötigen. Die Abteilung Soziales soll daher bei der Planung und Umsetzung der verschiedenen Aktionen die Projektleitung übernehmen mit Unterstützung der Abteilung Präsidiales (LG Öffentlichkeit, LG Stadt- und Regionalbibliothek, LG Kindheit, Jugend und Inklusion) und der Abteilung Gesundheit (LG Fachstelle Alter).

B. Konzeptvorschlag

Ziel der 16 Aktionstage ist unter anderem das Thema Gewalt an Frauen und die unsichtbaren Gewaltformen zu enttabuisieren und sichtbar zu machen. Daher soll das Programm für die Stadt Uster möglichst vielfältig und niederschwellig sein und verschiedenste Zielgruppen erreichen.

Zeitpunkt

Die 16 Aktionstage beginnen stets am 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, Abschluss ist am Tag der Menschenrechte, dem 10. Dezember. In der Stadt Uster sollen vom 25. bis 27. November 2024 verschiedene Auftaktveranstaltungen stattfinden. Während des Uster Märt vom 28. November bis 29. November 2024 wird das Programm bis auf mögliche Standaktionen am Markt mehrheitlich ausgesetzt, um dann vom 30. November bis 10. Dezember 2024 mit zusätzlichen Aktivitäten weitergeführt zu werden.

Geplante und zu prüfende Massnahmen

Kunstobjekt im öffentlichen Raum: Installation von Franziska Greber

Mit dieser künstlerischen Installation soll die Sensibilisierung eines breiten Publikums sowie der städtischen Angestellten, wie es der ausdrückliche Wunsch des Gemeinderats war, erreicht werden.

Die Aufnahme stammt aus einer Ausstellung im Superblock, dem Gebäude der Winterthurer Stadt­verwaltung. Die Bett-Installation der Schweizer Künstlerin, Franziska Greber, welche ihre Kunst­werke international ausstellt, ist beeindruckend und regt zum Nachdenken über Gewalt an Frauen an. Die Installation kann auch im Aussenbereich aufgestellt werden. Sehr geeignet ist dafür der Platz vor dem Stadthaus.

Geplant ist ausserdem eine Hinweistafel, welche den Bezug zur Aktion «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» herstellt sowie Verlinkungen auf Video- und Audioinstallationen. Die ca. 20 Minuten dauernde Videoinstallation zeigt 18 Frauen aus 6 Ländern, die ihre Erlebnisse schildern. Die Schilderungen sind mit deutschen Untertiteln versehen. In der Audioinstallation sprechen 60 Frauen in 11 Sprachen über ihre Gewalterfahrungen. Aufgrund des hohen Interessens der Künstlerin, welche früher die Fachstelle Häusliche Gewalt des Kantons Zürich leitete und sich seit jeher für Projekte gegen Gewalt, Diskriminierung und Menschenrechte einsetzt, wird sie die digitalen Installationen der Stadt Uster als Zugabe zur künstlerischen Installation kostenlos zur Verfügung stellen. Diese Videoinstallationen könnten in den Schaufenstern von verschieden Detailhändlern gezeigt werden. Dies wird gegenwärtig mit dem Verein Herzkern geprüft. In der Stadtbibliothek wird die Videoinstallation ebenfalls gezeigt werden können.

Die Kosten für die Präsentation des Kunstwerkes werden sich auf rund 7 000 Franken belaufen.

Forumtheater: «E Gwalts-Überraschig»:

Bei dieser interaktiven Theaterform zum Thema Gewalt in der Familie und in Partnerschaften werden Auseinandersetzungen mit Konfliktsituationen ermöglicht. Im Anschluss wird voraussichtlich eine Diskussion mit Präsenz des Frauenhauses Zürcher Oberland und dem kantonalen Gewaltschutz stattfinden. Das Zielpublikum besteht aus Interessierten aus der Bevölkerung, spezifisch eingeladen werden daneben Personen aus den Berufskategorien Schule/Bildung und Gesundheit, Heime und Spital. Die Kosten werden sich für die Stadt Uster auf rund 8 000 Franken belaufen.

Jugendarbeit

Die Jugendarbeit Uster wird dieses Jahr (2023) während eines Monats zu den diesjährigen 16 Ak­tionstagen folgende Aktivitäten durchführen:

  • Wöchentliche, thematische, aufklärende Posts auf den sozialen Medien

  • Anregende Umfragen zum Thema auf Instagram

  • Aufgreifen und Begleiten der daraus entstehenden Diskussionen im Jugendtreff

  • Kinoabend mit entsprechendem Thema für Jugendliche

Die Jugendarbeit der Fachstelle Kindheit, Jugend und Inklusion wird diese Aktionen evaluieren und allenfalls Anpassungen vornehmen und im 2024 wieder durchführen.

Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen

Es werden diverse Orientierungsveranstaltungen des Frauenhauses Zürcher Oberland (Verein Frowen Power Zürcher Oberland) stattfinden, die sich an alle interessierten und damit möglicher­weise auch betroffenen Personen richten. Auch hier sollen die Mitarbeitenden des Spitals Uster und der Primar- und Sekundarschule explizit eingeladen werden.

Zudem hat der Verein BIF, Beratungsstelle für Frauen gegen Gewalt und Ehe in der Partnerschaft, bereits zugesagt. Er wird das Konzept für die 16 Aktionstage nach Bekanntgabe des Fokusthemas für das Jahr 2024 erstellen. Geprüft werden daneben gemeinsame Aktionen mit der Interventions­stelle für Häusliche Gewalt (IST) des Kantons Zürich sowie dem Spitex-Verband und weiteren Organisationen, wie etwa dem Frauenverein Uster. Der Kreis möglicher Partner wird nach Bekannt­gabe des Fokusthemas 2024 durch die Trägerorganisation Frieda im ersten Quartal 2024 genauer bestimmt werden können.

Weitere zu prüfende Massnahmen

Die Detailplanung zusätzlicher Veranstaltungen wird sinnvollverweise nach Kommunikation des Fokusthemas konkretisiert. Als weitere Massnahmen kommen unter anderem Lesungen in der Bibliothek, Selbstverteidigungskurse, Workshops in Schulen, Heimen und bei der Spitex oder auch Plakataktionen in Betracht.

Organisation

Die Abteilung Soziales übernimmt die Gesamtplanung und die Gesamtkoordination der Veranstal­tungen und Aktionen in Uster. Die Detailplanung und Konzeptumsetzung wird grösstenteils durch die sich beteiligenden Organisationen und Verbände geleistet werden. Sämtliche Events werden auf der Agenda der Trägerorganisation Frieda veröffentlicht. Daneben wird die Kommunikation durch die LG Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Es werden Hinweise auf verschiedenen Medienkanälen ange­bracht werden. Die Abteilung Soziales beabsichtigt neben den Hauptaktionen, Kunstinstallation auf dem Stadthausplatz und Forumtheater in Zusammenarbeit mit dem Frauenhaus Zürcher Oberland, zusätzlich zwei bis drei zusätzliche Organisationen für die Durchführung von weiteren Aktionen zu gewinnen. Die Zahl der Teilnehmenden ist auch abhängig, von deren Bereitschaft, die Organisation und Finanzierung der Aktionen zu übernehmen.

Unabhängig von den 16 Aktionstagen finden in verschiedenen Abteilungen der Stadt für die Mitar­beitenden regelmässig Weiterbildungen zum Thema «sexuelle Belästigung», «Mobbing» und «Gewaltprävention» statt.

Aufwandabschätzung/Zusammenfassung

Der Betrag für die anlässlich dieser 16 Aktionstage geplanten Massnahmen ist nicht im Budget 2024 enthalten. Es wird mit einem Aufwand von rund 20 000 Franken gerechnet. Es ist davon auszu­gehen, dass die Gesamtkosten für die Stadt Uster 25 000 Franken nicht überschreiten werden.

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