Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

19. April 2018

Niederschwellige Jugendberatungsstelle

Anfrage von Claudia Wyssen

Dass im Alter zwischen 18 und 25 Jahren wichtige Weichen fürs Leben gestellt werden, ist unbe-stritten. Dies geht oft einher mit psychischen Krisen. In sämtlichen Bezirken des Kantons Zürich existieren dafür niederschwellige Jugendberatungsstellen. In sämtlichen Bezirken ausser Uster und Hinwil. Nach dem Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst gibt es hier kein weiterführendes Angebot - abgesehen von der Psychiatrie, der Suchtberatungsstelle und dem Sozialamt. Im Alter zwischen 18 und 25 Jahren ist jedoch die Niederschwelligkeit von entscheidender Bedeutung, da-mit die Angebote auch genutzt werden. Viele scheuen den direkten Kontakt zu psychiatrischen Stellen aufgrund der Stigmatisierung. 

Jugendberatungsstellen sind vor allem in der sekundären Prävention (Früherkennung) von grosser Bedeutung. Sie erfüllen eine wichtige Funktion in psychischen Krisensituationen (Suizidpräventi-on), Gewaltprävention, Suchtprävention, Radikalisierung und beruflichen Krisen wie zum Beispiel Lehrabbrüche, Arbeitslosigkeit und Orientierungslosigkeit. 

Das Amt für Jugend- und Berufsberatung von Wetzikon hat im Bezirk Hinwil die Versorgungslücke erkannt und eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich der Thematik annimmt. Und dies obwohl das Amt für Jugend- und Berufsberatung nur bis 18 Jahre zuständig ist. Die Jugendberatungsstelle der Stadt Zürich hilft lediglich Jugendlichen, die in der Stadt Zürich leben und weiss bekanntermassen nicht, wohin sie die Jugendlichen aus Uster schicken soll. Auch das Rekrutierungszentrum Rüti ist immer wieder mit dieser Lücke konfrontiert. Deshalb frage ich den Stadtrat an: 

  1. Ist sich der Stadtrat dieser Versorgungslücke bewusst? 
  2. Wenn ja: sind Bestrebungen im Gang, diese Lücke zu schliessen?
  3. Welche Modelle kämen für Uster in Frage? Kann sich der Stadtrat eine Lösung wie Samowar (Jugendberatungs- und Suchtpräventionsstelle Bezirke Horgen/Meilen) vorstellen?
  4. Falls der Stadtrat keinen Handlungsbedarf sieht:
    – Wer deckt seiner Meinung nach das Angebot der Jugendberatungsstelle (insbesondere der psychologisch/therapeutische Teil) ab? 
    – Ist die Niederschwelligkeit gegeben? 
    – Worin unterscheidet sich die Stadt Uster von anderen Städten, bei denen der Bedarf mit teilweise langen Wartefristen ausgewiesen ist?  

Für die Beantwortung der Fragen danke ich im Voraus bestens.

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die Stadt Uster beschäftigt sich in enger Zusammenarbeit mit kantonalen und privaten Stellen intensiv mit der Lebenslage von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Im Zentrum dieses Engagements steht die von der Stadt mitinitiierte Arbeitsgruppe, in der sich 20 Fachpersonen aus den Bereichen Schule, Polizei, Prävention, FRJZ, Juga, KESB, Berufsberatung etc. regelmässig zu Fragen der Jugendberatung austauschen und eine gute Vernetzung der Angebote sicherstellen. In Uster wird aktuell keine Versorgungslücke festgestellt: Es besteht ein breites Angebot an Unterstüt- zungsmöglichkeiten für Jugendliche und junge Erwachsene. Eine Herausforderung stellt, wie auch in anderen Städten, die Erreichbarkeit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei Problemlagen dar.

Zu Frage 2: Die Herausforderungen und Probleme in Zusammenhang mit der Entwicklung, dem Aufwachsen und der Sozialisation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verschieben und verändern sich. Ebenso sind die Unterstützungs- und Hilfsangebote aufgrund neuer Erkenntnisse oder gesetzlichen und politischen Veränderungen einem steten Wandel unterworfen. Die Stadt Uster passt ihre Leistungen deshalb kontinuierlich an. Bei der niederschwelligen Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene arbeiten die zuständigen Stellen eng und zielgerichtet zusammen. Für den Stadtrat liegt gerade in dieser Zusammenarbeit ein wichtiger Erfolgsfaktor für die niederschwellige Jugendberatung.

Zu Frage 3: In Uster gibt es bereits eine regionale Suchtpräventionsstelle, die gut vernetzt ist. Ein Ausbau der Angebote oder eine zusätzliche Beratungsstelle wie Samowar ist für den Stadtrat nicht sinnvoll. Vielmehr sollen die bestehenden Angebote kontinuierlich und im Sinne der Lebensweltorientierung sowie der Niederschwelligkeit weiterentwickelt werden.

Gerade die im öffentlichen Raum präsenten Dienste und Organisationen wie aufsuchende Jugendarbeit und Jugenddienst der Stadtpolizei können noch stärker einbezogen werden. Denkbar ist beispielsweise eine Zusammenarbeit des Jugenddienstes der Stadtpolizei mit Schulen und der Jugendarbeit in Themen wie Jugendstrafrecht oder Selbstkompetenz im Rahmen von Workshops. Möglichkeiten zum ungezwungenen und nicht problemfokussierten Austausch mit Jugendlichen sind eine weitere Option, um die Schwelle einer Kontaktaufnahme zu reduzieren und können zusätzlich zur offenen Jugendarbeit auch durch den Jugenddienst der Stadtpolizei angeboten werden. Die Triage an spezialisierte Stellen sowie die Intervention bei Krisen wird schon heute von der aufsuchenden Jugendarbeit, dem Jugenddienst der Stadtpolizei wie auch von den Schulen geleistet.

Zu Frage 4: Die psychotherapeutische Versorgung von Erwachsenen wird zu grossen Teilen über das Gesundheitswesen organisiert. Eine beraterische Grundversorgung für Jugendliche und junge Erwachsene wird über verschiedene Stellen (bspw. offene Jugendarbeit, biz, kjz, städtische Sozialberatung, KESB, Schulsozialarbeit etc.) gewährleistet.

Wie bereits ausgeführt, liegt die Herausforderung nicht in der Gewährleistung von Beratung als solches, sondern in der Zugänglichkeit dieser. Eine Jugendberatungsstelle bedeutet für viele noch immer eine zu hohe Schwelle, um sie selbständig aufzusuchen. Niederschwelligkeit entsteht durch die Einbindung des Angebots in den Alltag, wie beispielsweise in die Schulen oder in den Berufswahlprozess. Es sind somit nicht neue Angebote zu schaffen, sondern die bestehenden zugänglicher zu gestalten und noch besser zu vernetzen.

Die offene Jugendarbeit und der Jugenddienst der Stadtpolizei sind im öffentlichen Raum in vielen Fällen die erste Anlaufstelle bei Problemen und werden bei Krisen oder anderweitigem Interventionsbedarf hinzugezogen. Die Einbettung dieser beiden Dienste in die Lebenswelt von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist auch für weiterführende Hilfe von grosser Bedeutung. Das Handeln der jeweiligen Dienste wird den aktuellen Bedürfnissen und Anforderungen angepasst. Zukünftig sind sowohl präventiv wirkende Workshops wie auch niederschwellige Sprechstunden denkbar. Leistungen und Angebote werden kontinuierlich weiterentwickelt und angepasst.

Die Stadt Uster stattet die einzelnen Angebote mit genügend Ressourcen aus, damit diese ihren Auftrag erfüllen können. Wirksame Hilfe entsteht im Zusammenspiel der Angebote und Organisationen. Aus diesem Grund sollte aus der Sicht des Stadtrates, immer das ganze Hilfesystem betrachtet werden.

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