Widewidewitt, ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt

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Erinnern Sie sich noch an Kellyanne Conway? Die Juristin war eine wichtige Beraterin von US-Präsident Donald Trump. Sie erlangte Berühmtheit, weil sie 2017 in einem Fernsehinterview mit objektiv nicht widerlegbaren Fakten konfrontiert, meinte, sie habe eben «alternative Fakten». Oder um es mit Pippi Langstrumpf zu sagen: «Widewidewitt, ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt.»

Daran wurde ich erinnert, als ich kürzlich bei einem Apéro mit einem Stimmbürger über die Parkplätze im Ustermer Zentrum diskutierte. Davon habe es zu wenige, die Parkhäuser seien immer – wirklich immer! – voll und jetzt wolle der Stadtrat im Bemühen, das Ustermer Zentrum attraktiver und grüner zu gestalten auch noch, wenn auch wenige Parkplätze abbauen. Nun kann man über Parkplätze ja so trefflich streiten, wie über kaum ein anderes Thema. Nur sollte man sich dabei, so meine ich, auf Fakten abstützen.

Der Stadtrat hat im Rahmen des Projektes «Attraktives Stadtzentrum» für die mehr als 1'000 öffentlich zugänglichen Parkplätze im Zentrum ermittelt, wie stark diese belegt sind. Insbesondere bei den Parkhäusern war dies gut möglich, werden doch dort alle Ein- und Wegfahrten automatisch gezählt. Der Stadt Uster standen damit die Zahlen für jeden Tag und jede Stunde der letzten drei Jahre zur Verfügung. Das Resultat: Die Belegung der Parkplätze im Zentrum liegt unter der Woche im Durchschnitt bei maximal 50 Prozent. Am Samstag, dem umsatzstärksten Tag der Woche, liegt sie bei rund 70 Prozent. Und am absoluten Spitzentag im Jahresverlauf bei 90 Prozent. Mit anderen Worten: Es hat zu jedem Zeitpunkt immer ausreichend freie Parkplätze im Stadtzentrum, sogar am verkehrsreichsten Tag des Jahres.

Die Antwort des Mannes auf meine Auslegeordnung: Solche Fakten interessierten ihn nicht, er habe seine eigenen Fakten. Die Begegnung liess mich etwas sprach- und ratlos zurück, denn wie wollen wir politische Diskussionen führen, wenn wir uns zuvor nicht mal mehr auf die Fakten einigen können? Wenn nicht mehr akzeptiert wird, dass zwei und zwei vier ergibt, dann fehlt die Basis, um gemeinsam Lösungen zu finden.

Ich mag Pippi Langstrumpf als literarische Figur sehr, als politisches Vorbild ist sie aber denkbar ungeeignet. Und so hoffe ich, dass wir noch nicht an dem Punkt sind, wo «alternative Fakten» den gleichen Wert wie tatsächliche Fakten haben.

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