Vom Fingerschnippen und Bohren dicker Bretter

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Der Soziologe Max Weber prägte vor mehr als 100 Jahren das berühmte geflügelte Wort: «Politik bedeutet das langsame Bohren dicker Bretter mit Leidenschaft und Augenmass.» Wie recht er doch hat. Das erfährt man auch als Mitglied einer Stadtregierung immer wieder.

Nehmen wir den Veloverkehr: In Paris braucht Bürgermeisterin Anne Hidalgo nur mit dem Finger zu schnippen und innert weniger Monate durchzieht ein Netz von Velorouten die Stadt. Hierzulande ist natürlich nichts mit Fingerschnippen, auch wenn man es gerne wollte. Es scheitert nur schon daran, dass die Stadt Uster auf den Kantonsstrassen nichts zu entscheiden hat. Aber auch auf Gemeindestrassen ist sie nicht frei, denn jede neue Signalisation muss vom Kanton genehmigt werden.

Und das hat seine Tücken: Die Kantonspolizei verlangt, dass für die Markierung beidseitiger Velostreifen – im Grunde die günstigste Massnahme zur Verbesserung der Sicherheit für Velofahrende – die Strasse mindestens 7,5 Meter breit sein muss. Im bebauten Gebiet, gerade im Zentrum, ist das allzu oft nicht der Fall. Die Folge: Um beidseitig Velostreifen markieren zu können, müsste zuerst viel Geld ausgegeben, die Strasse verbreitert, Grünflächen beseitigt und noch mehr Fläche versiegelt werden. Was für ein Unsinn!

Immerhin: Die Stadt Uster konnte dank stetigem Bohren die Kantonspolizei für einen Testbetrieb gewinnen. Auf der «nur» 6 Meter breiten Brandstrasse wurden diesen Frühling beidseitig Velostreifen markiert. Beobachtet wird nun, wie sich das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden ändert. Die Zwischenresultate stimmen zuversichtlich: Die Autofahrenden kommen mit der schmaleren Fahrbahn problemlos zurecht. Und die Zahl der Velofahrenden, die, weil sie sich auf der Strasse nicht sicher fühlen, aufs Trottoir ausweichen, hat sich seither mehr als halbiert. Was wiederum die Fussgängerinnen und Fussgänger freut.

Noch läuft der Versuch, wenn aber die Schlussauswertung diese Resultate bestätigt, dann besteht die Hoffnung, die Kantonspolizei davon überzeugen zu können, von ihrer bisherigen starren Haltung, was die Markierung von beidseitigen Velostreifen betrifft, abzurücken. Das wird aber sicher nochmals das Bohren eines dicken Brettes nötig machen. Seitens der Stadt Uster mit Leidenschaft. In der Hoffnung, beim Kanton auf Augenmass zu treffen.

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